Schneechaos Februar 2010

 

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Das Jahr 2010 legte wettertechnisch einen wahren Kaltstart hin. Bereits am 03.01.2010 kam es dann zum ersten nennenswerten Schneeereignis des noch jungen Monats. In den kommenden Wochen schneite es dann immer mal wieder mehr oder weniger stark. Nur vorübergehend setzte sich in der 2. Dekade etwas mildere Luft durch und ließ die Schneedecke in Hangenmeilingen komplett abschmelzen. In der 3. Dekade drehte dann der Winter jedoch zur Höchstform auf. Waren es bis dahin die tiefen Temperaturen, die für immer neue Rekorde sorgten, so war es in den letzten Januartagen der Schnee.

Immer wieder zogen kräftige Schneeschauer oder länger anhaltende Starkschneefälle über unsere Region hinweg. Der Höhepunkt war dabei die Zeit vom 28.01. bis 02.02.2010. An diesen 5 Tagen gab es in Hangenmeilingen eine Neuschneesumme von 55cm, was am 02.02. um 12Uhr mittags in einer Gesamtschneehöhe von knapp 40cm gipfelte. Die Frage, warum denn aufgrund der Neuschneesumme keine 55cm Schnee in Hangenmeilingen gemessen wurden, lässt sich dabei wie folgt begründen:

Sämtlicher Schnee fiel bei Temperaturen die leicht unter oder leicht über dem Gefrierpunkt lagen. Der Schnee war somit sehr schwer und pappig, teils war es sogar reiner Nassschnee. In den Phasen, wo es einmal nicht schneite, sackte die Schneedecke dann aufgrund ihres Gewichtes in sich zusammen und wurde hinsichtlich ihrer Dichte quasi komprimiert. Denn was viele nicht wissen, eine Schneedecke besteht zum überwiegenden Teil aus Luft und diese wird aufgrund der Schwere des Schnees sozusagen aus der Schneedecke herausgepresst.

 

Mal ein Beispiel hierzu:

Es fallen 5mm Niederschlag bei -5°C in Form von Schnee: Aufgrund des lockeren Pulverschnee kann dies ohne weiteres eine Schneedecke von 10-12cm hervorbringen, da der Schnee sehr locker ist und sich in der Schneedecke sehr viel Luft befindet.

Fallen diese 5mm Niederschlag jedoch bei 0°C in Form von Schnee, so ergeben dies kaum mehr als 5-8cm, da der Schnee schwerer ist und die Luft, wie geschildert, aus der Schneedecke entweichen muss und diese mit der Zeit stark zusammensackt.

  

Nun aber wieder zurück zum eigentlichen Schneefallereignis. In manchen Phasen nahm der Starkschneefall unwetterartige Ausmaße an und so kam es insbesondere am Samstagmittag innerhalb eines Starkschneeschauers zu einer Neuschneesumme von über 3cm innerhalb von weniger als 10 Minuten. Rechnen sie sich diese Menge mal auf 1,2 oder 3 Stunden hoch und sie wissen, warum diese Intensitäten unwetterartig waren.

Hangenmeilingen lag bis einschließlich Dienstagmittag dabei immer in der Zone, wo der Schnee auch gänzlich liegenblieb. Nur wenige Höhenmeter tiefer, beispielsweise in Dorchheim, fiel der Schneedeckenzuwachs aufgrund etwas wärmerer Temperaturen, zum Teil deutlich geringer aus. Verursacht wurde dieses Schneechaos zum einen durch kleinräumige, aber intensive Tiefdruckgebiete aus Westen, die es nicht schafften die kalte Luftmasse, welche aus Osten zu uns strömte, so weit zu vertreiben, dass die Niederschläge in Regen übergingen. Hinter den nach Osten abziehenden Tiefs strömte dann aus Norden wie mit einem Staubsauger, wieder extrem höhenkalte Luft zu uns. Wie kalt die Luft war, konnte man dann am Samstag, den 30.01.2010 eindrucksvoll erleben. In 5.000m Höhe sanken die Werte auf unter -40°C, gleichzeitig waren es am Boden knapp unter 0°C. Diese Temperaturspanne zwischen Oben und Unten war so imens groß, dass die Natur hierauf mit extremen Wettererscheinungen reagierte, was sich in Form von heftigsten Starkschneeschauern äußerte.

Übrigens ist dies kein Phänomen des Winters, sondern auch im Sommer zu beobachten. Dann sind die Luftmassen zwar weitaus weniger kalt, dennoch gibt es auch dann große Temperaturunterschiede zwischen Erdboden und den oberen Stockwerken unserer Atmosphäre. Diese teils enormen Differenzen äußern sich dann oftmals in heftigen Gewittern. Am Nachmittag des 02.02.2010 war dann der Höhepunkt des Schneewinters 2010 überschritten und das "Wintermärchen" oder "Die weiße Hölle", je nach Sicht der Dinge, ging langsam aber sicher mit einsetzendem Tauwetter bis in Lagen von 400m zu Ende.

Am Ende gilt es festzuhalten, dass nicht nur in Hangenmeilingen, sondern im gesamten Westerwald die höchsten Schneehöhen seit Aufzeichnungsbeginn gemessen wurden. Auf der knapp 700m hohen Fuchskaute, der höchsten Erhebung im Westerwald, betrug die Schneehöhe am späten Dienstagabend bei leichtem Dauerfrost knapp 100cm. Auf die einzelnen Auswirkungen dieses Großereignisses möchte ich im Detail nicht eingehen, dies haben sie in TV und Zeitung eindrucksvoll geschildert bekommen oder aber am eigenen Leibe erfahren können, als sie vielleicht mehrere Stunden im witterungsbedingten Stau festsaßen. Hier nur ein grober Überblick:

 

- selbst Bundesstraßen (B54) waren in Richtung Westerwald zum teil unpassierbar

- kleinere Ortschaften im oberen Westerwald waren durch meterhohe Schneeverwehungen kurrzeitig nicht mehr erreichbar

- Flachdächer mussten aufgrund der Schneemassen geräumt werden

- An allen Schulen des Landkreises Limburg-Weilburg und benachbarter Kreise fiel die Schule aus

- Zahlreiche Bäume brachen unter der tonnenschweren Schneelast in sich zusammen und blockierten Straße und Wege

 

Es steht also außer Frage, dass es sich bei den wiederholten Starkschneefällen im Januar/ Februar 2010 um ein witterungsbedingtes Großereignis handelte, was rein statistisch gesehen nur alle 30-50 Jahre in unserer Region vorkommt. Hier nun nochmal einige Bilder, die den Verlauf des Schneechaos im Januar/ Februar 2010 in Hangenmeilingen und Umgebung eindrucksvoll belegen.

 

Hier der Link

Zur Bildergalerie des Ereignisses

 

 

 

Auch zu Beginn des Januars lag in Hangenmeilingen bereits eine wenige Zentimeter dicke Schneedecke

 

Die Schneehaufen vor den Haustüren waren schon beachtlich, aber noch nichts gegen das was Ende Januar noch kommen sollte

 

Schneetief „Daisy“ versorgte auch unsere Gegend mit etwas Neuschnee, mehr als 5-10cm wurden es jedoch nicht.

 

 

Doch es reichte, um die Schneehaufen weiter anwachsen zu lassen. Doch „Daisy“, so werden viele später sagen, war gegen das bald drohende Schneechaos, nur eine lahme Ente.

Dann kam der 29. Januar und mit ihm das erwähnte Schneechaos. Immer wieder gab es Starkschneefallphasen, wie auf diesem Bild zu sehen.

 

 

 

Oberhalb von 250m wuchs die Schneedecke rasant an. Weiter tiefer, wie beispielsweise in Dorchheim, blieb hingegen kaum etwas liegen.

 

Wir starteten am Donnerstagabend mit einer Schneehöhe in Hangenmeilingen von rund 10cm. Am Freitagmittag war dann die 20cm Marke geknackt.

 

 

Die Schneehügel wuchsen und wuchsen. War man an einem Ende mit dem Schneeräumen fertig, konnte man am anderen Ende wieder anfangen.

 

Am Freitagabend gegen 20Uhr hörte der Schneefall vorübergehend auf. In Hangenmeilingen lagen zu diesem Zeitpunkt zwischen 25 und 30cm Schnee, während es in Dorchheim nur 15cm waren.

 

 

So manch ein Baum verschwand allmählich unter den Schneemassen, denn so langsam wusste man nicht mehr wo hin mit dem Schnee.

 

Viele Gärten präsentierten sich in einem dick verschneiten weißen Winterkleid. Noch stellte der schwere Pappschnee keine allzu große Belastung für die Bäume und Sträucher dar.

 

 

Doch dies sollte sich am Samstag, den 30.01.2010 ändern. Erneut fing es vormittags an aus Nordwesten unwetterartig zu schneien.

 

Die Schneedecke wuchs stündlich Zentimeter um Zentimeter und erste Bäume litten unter der knapp 30cm schweren Schneelast

 

Alleine innerhalb von 6 Stunden fielen an diesem Samstag in Hangenmeilingen über 10cm Neuschnee.

 

Diese Amsel wird etwas ungläubig auf das tief verschneite Vogelhäuschen geblickt haben. Für die Tiere in der Region waren diese Unmengen an Schnee ebenfalls eine Belastung.

 

Blick auf die tiefverschneiten Lindenstücker am Samstagmittag bei Starkschneefall.

 

Auf dem Dach des Vogelhäuschens konnte man förmlich zusehen wie sich die Schneedecke in die Höhe schraubte.

 

Schneemassen am Straßenrand. Teils türmten sich die Schneeberge über 2 Meter hoch. Die Straße war nur noch einseitig befahrbar.

 

Die Straßenverhältnisse waren auch auf den Bundesstraßen sehr schwierig. In den Starkschneefallphasen waren auch sie in kurzer Zeit schneebedeckt und rutschig.

 

Am Samstagabend lagen dann in Hangenmeilingen über 30cm Schnee bei mäßigem Frost unter -5°C. Zu diesem Zeitpunkt war der alte Schneehöhenrekord aus dem Jahre 2001 geknackt.

 

Auch die Schneehügel erklommen immer neue Rekordhöhen.

 

Ein idyllischer Winterblick in den Abendstunden des Samstages. Eine solche Schneehöhe hat es in Hangenmeilingen selbst im Schneechaoswinter 1978/ 79 nicht gegeben.

Hier könnte man sagen: Man Sieht vor lauter Schnee den Baum nicht mehr.

 

Altbekannter Blick auf unseren stetig wachsenden, eisigen Freund.

 

Vorgärten als Schneehalde, ein nicht seltener Anblick in diesen Tagen.

 

Bäume unter Extrembelastungen. So manch einer wird sich von dieser Schneelast nicht mehr erholen.

 

Haus mit Haube. Es wird einige Zeit dauern, bis diese Rekordschneemassen wieder vollständig verschwunden sind.

 

Blick von Winnen/WW auf Hangenmeilingen und das Heidenhäuschen.

Tief verschneiter Winterwald auf der Fuchskaute, der höchsten Erhebung des Westerwaldes. Am Sonntag, den 31.01.2010 lagen dort oben bereits 70cm Schnee.

Rauhreif und Schnee lassen die Bäume in einem weißen Kleid erstarren.

Ein Winterzauber der Natur.

Nochmals eine Nahaufnahme des Winterwonderlands auf dem hohen Westerwald.

Von „weißer Höll“, wie auf vielen Straßen, war hier oben nichts zu sehen. Eine himmliche Winterruhe.

Hier lässt sich in erahnen, welches Gewicht auf einem einzelnen Ast liegen musste.

Am Dienstag, den 02.02.2010 stand dann der letzte Akt im Schneewinter auf dem Programm.

4 Stunden lang schneite es erneut unwetterartig mit neuerlich knapp 10cm Neuschnee, so dass die Gesamtschneehöhe, obwohl sie zwischen den Schneefallphasen immer wieder etwas in sich zusammensackte, auf stolze 39cm anwuchs. Für einige Bäume war dies zuviel, sie kapitulierten vor den Schneemassen.

Schneeberge in Höchstform.

Abschließend noch ein letztes Bild vom Starkschneefall am Dienstag, den 02.02.2010. Mit ihm ging die schneereichste Witterungsphase seit vielen Jahrzehnten im Westerwald zu Ende.

Doch noch Wochen später sollten uns die Schneetürme an den Straßenrändern und auf Parkplätzen an dieses Großereignis erinnern. Auch in den Höhenlagen des Westerwaldes, wo über 90cm Schnee gemessen wurden, war dies die höchste Schneehöhe seit Beginn der regelmäßigen Aufzeichnungen.

Rein statistisch gesehen kommen solche Schneemassen in unserer Region nur alle 50-100 Jahre vor. Im Zuge des Klimawandels sind die Chancen für viele von uns, so etwas nochmal in unserer Region zu erleben, denkbar schlecht.