Der Hitzesommer 2003

 

Der Sommer 2003 gilt in Deutschland, bezogen auf das Gebietsflächenmittel der Lufttemperatur als der bislang heisseste Sommer seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Also vor über 100 Jahren. Einzig in Teilen von Nord- und Nordwestdeutschland nimmt er nicht die absolute Spitzenposition ein. Was aber war der Grund für diese sich immer wieder regenerierende Hitzewelle?

 

Verursacht wurde diese extreme Witterung durch das gehäufte Auftreten so genannter Omega-Lagen über Mitteleuropa. Dabei lag über weite Strecken des Frühjahrs und Sommers 2003 ein beständiges und quasi stationäres Hochdruckgebiet über dem Norden Europas. Es war eingekeilt zwischen zwei ebenfalls nahezu ortsfesten Tiefs, westlich bzw. östlich des Hochdruckgebiets.

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(Datenquelle: www.meteozurich.ch)

Die Hochdruckgebiet hatten dabei eine solche Stärke und Mächtigkeit, dass nicht wie sonst auf der Nordhalbkugel üblich, die Tiefdruckgebiete von West nach Ost über uns hinweg zogen, sondern an dem sich immer wieder aufbauenden Hoch abprallten und weit nach Norden ausweichen mussten.

Diese Wetterlagenkonstellation erweist sich meistenteils als sehr beständig und kann über Tage oder Wochen andauern. Die Langlebigkeit bzw. immer wiederkehrende Regeneration, welche man im Frühjahr und Sommer 2003 beobachten konnte war allerdings schon sehr ungewöhnlich und wurde in dieser Form noch nicht beobachtet. Eine solche Wetterlage im Winter hätte uns Sonne, Nebel und kalte Temperaturen beschert, im Sommer hingegen ist sie ein Garant für trockenheisses Wetter mit einer nur sehr geringen Gewitterneigung. Dabei kann sich die Luft durch die ungehinderte Sonneneinstrahlung von Tag zu Tag etwas erwärmen, so geschehen auch 2003.

Ich möchte nun das Extremwetterereignis am Beispiel der Wetterentwicklung in Hangenmeilingen seit dem Frühjahr 2003 näher beschreiben. Warum, werden sie sich fragen, wird auch das Frühjahr betrachtet, wo doch der Hitzesommer von Juni-August dauerte? Dies liegt ganz einfach daran, dass sich hier schon einige nicht unerhebliche Parameter einstellten, die für die im Sommer folgende Hitzewelle noch unterstützend wirken sollten.

Im März und April 2003 herrschte über weite Strecken stabiles Hochdruckwetter mit einer sehr überdurchschnittlichen Anzahl an Sonnenstunden und oftmals deutlich zu milden Tageshöchstwerten. Die Nächte waren, aufgrund des klaren Himmel und der trockenen Luft hingegen noch teilweise frostig kalt.

 

Hier mal die wichtigsten Daten der Wetterstation Hangenmeilingen für die Monate März und April:

  März April
Durchschnittlich gemessene Tageshöchsttemperatur 12,0°C 14,6°C
Langjähriger Mittelwert 9,0°C 14,0°C
Abweichung +3,0°C +0,6°C
Gefallener Niederschlag 37,4lm² 30,5lm²
Langjähriger Mittelwert 70,0lm² 60,0lm²
Abweichung -46,6% -49,2%

 

Es zeigt sich, dass nicht nur beide Monate (deutlich) zu mild ausfielen, sondern dass es auch eine erhebliche negative Abweichung bei den Niederschlägen gab, was für den folgenden Sommer von großer Relevanz sein sollte, aber auch im Frühjahr schon zu gewissen Engpässen in der Landwirtschaft sorgte. Insgesamt war die Natur vor allem im April doch schon arg gebeutelt. Ein bereits trockener Spätwinter und ein sonnig, trockenes und mildes Frühjahr führten schon sehr früh im Jahr zu einem Wassermangel bei vielen Pflanzen, die welche insbesondere zu Beginn der Wachstumsphase viel Feuchtigkeit benötigen.

So gesehen war der Mai 2003 für die Natur ein Monat zum durchatmen. Mit einer Niederschlagsausbeute von 106,5lm² fiel der Wonnemonat in Hangenmeilingen regelrecht ins Wasser und viele sehnten sich nach der sonnigen Wärme der beiden Vormonate zurück, kam ihnen doch der Mai aufgrund der vielen Regentage, 15 an der Zahl, deutlich kühler vor, als er in Wirklichkeit war. Denn mit einer durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur von 19,5°C lag der Mai statistisch gesehen sogar leicht über dem langjährigen Mittelwert und stellte damit das Ende eines knapp 1,5°C zu warmen Frühjahrs dar, welches zudem über weite Strecken sehr niederschlagsarm war und sich die Wärme durch die trockenen Böden noch besser entfalten konnte.

 

Juni 2003:

Doch kaum war das Kalenderblatt auf Juni umgestellt und damit auch der Beginn des meteorologischen Sommeranfangs, drehte selbiger erstmals mächtig auf. Gleich an den ersten 15 Tagen lag die Höchsttemperatur bei durchschnittlich 27,4°C, das sind sage und schreibe 6°C über dem, was man eigentlich erwarten konnte. Es folgte eine Woche, in der die Temperaturen auf annährendes Normalmaß sanken, ohne aber auch nur an einem Tag unter die 20°C Marke zu sinken. Die letzte Juniwoche stand dann wiederum im Zeichen des frühen Hochsommers bei Temperaturen die vielfach die 25°C Marke, also die magische Grenze für einen meteorologischen Sommertag, überschritten und bisweilen sogar an einem Tag wieder die 30°C Marke geknackt wurde. Am Ende stand dann ein Monat, an dem an 18 Tagen die 25°C Marke und an weiteren 6 Tagen die 30°C Marke überschritten wurde. Die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur lag bei 26,6°C und damit 4,6°C über dem langjährigen Mittelwert.

Wie sah es mit dem Niederschlag im ersten Sommermonat aus? Dies lässt sich kurz und bündig zusammenfassen: Es war deutlich zu trocken, fielen doch nur gut 70% oder 54,7lm² an Niederschlag, wobei hier bereits an einem einzigen Tag infolge eines heftigen Gewittergusses gut 30lm² zusammenkamen, so dass für die restlichen 29 Tage nur magere 25lm² übrig blieben, was in Verbindung mit den extrem positiven Temperaturabweichungen für Trockenstress in der Natur führte.

 

Juli 2003:

Der Juli startete zu Beginn leicht unterkühlt mit Tageswerten von teils unter 20°C. Doch zum Ende der ersten Dekade fing sich die Quecksilbersäule rasch wieder und schoss dann zur Monatsmitte in tropisch heisse Bereiche. Die neuerliche Hitzewelle gipfelte in Hangenmeilingen dann in einem knapp 35°C heissen 16. Juli und nach geringer Abkühlung einem 33°C heissen 20. Juli. Am Monatsende gingen die Temperaturen dann auf erträglichere, aber immer noch sehr sommerliche 25°C zurück.

Auch der 2. Sommermonat 2003 brachte so eine fast schon unglaubliche Anzahl an Sommertagen (17), bzw. Hitzetagen (4) zustande und so lag die mittlere Tageshöchsttemperatur bei 25,5°C, was einer positiven Abweichung von immerhin noch 3°C entspricht. Damit lag der Juli zwar etwas hinter den Werten des Junis, was aber einzig und allein auf die etwas unterkühlte erste Juliwoche zurückzuführen war.

Wie verhielt sich nun aber der Niederschlag? Würde man hier nur die rein statistischen Werte betrachten, käme man anhand dessen zu der Vermutung, dass der Juli sehr unbeständig und unfreundlich gewesen sein muss. Denn eine Regenmenge von 150,4lm², durchschnittlich fallen in Hangenmeilingen in einem Juli „nur“ 95lm², lässt bei vielen erstmal keinen wirklichen Hochsommermonat vermuten. Gerne wird ja das Sprichwort verwendet: „Die Statistik lügt nicht.“ In diesem Fall jedoch schon, was ja nicht zuletzt durch die sehr hohe positive Temperaturabweichung belegt wurde. Wie kann es also sein, dass ein solch nasser Monat doch zu sonnig und zu warm sein kann?

Greifen wir hier mal in das Repertoire eines Hobbymeteorologen und holen etwas aus: Grob gesagt unterscheidet man zwischen stratiformen Niederschlägen, dass sind sämtliche Niederschläge, die gleichmäßig und oftmals in leichter bis mäßiger Intensität fallen, wie beispielsweise der gewöhnliche Landregen, der auch mal über Stunden andauern kann und den konvektiven Niederschlägen. Diese treten wiederum vorzugsweise in den Sommermonaten auf, dann wenn die Luft deutlich wärmer ist und somit auch mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Hier bilden sich dann die typischen großen Haufen- und Gewitterwolken, die dann innerhalb kürzester Zeit enorme Wassermassen fallen lassen können. Jeder von uns hat dieses Schauspiel bestimmt schon miterlebt und nicht selten seine negativen Erfahrungen damit gemacht, sei es beim Autofahren, oder im schlimmsten Fall sogar beim Auspumpen des Kellers. Genau diese Situation gab es auch im Juli 2003 im Westen Deutschlands und auch in Hangenmeilingen. Hier sorgten 2 heftige Gewitterereignisse für diese enorme Regensumme. So fielen am 17.07. innerhalb kürzeste Zeit 32lm² und am 22.07. waren es dann sogar 61,7lm². Hierzu gibt es nochmals einen gesonderten Bericht: Unwetter Juli 2003.

Binnen 1 Woche fielen also knapp 95lm². Nimmt man dann noch die ersten beiden Julitage hinzu, die immerhin eine Regensumme von gut 25lm² brachten, so kommt an bei den insgesamt 4 Tagen auf eine Niederschlagssumme von 120lm². Es zeigt sich also, dass eine große monatliche Regensumme im Sommer nicht immer gleichbedeutend ist mit tagelangem Regen.

Das dieser Regen, wenngleich ihn die Natur aufgrund seiner hohen Intensität und den hohen Niederschlagssummen in kurzer Zeit nur zu einem Bruchteil auch wirklich aufnehmen konnte, dennoch die Trockenheit etwas entspannte, war vor allem in Hinblick auf den nun folgenden August wichtig, der alle bislang aufgestellten Rekorde brach.

 

August 2003:

Die erste Monatshälfte bescherte Deutschland den bislang heissesten Witterungsabschnitt seit Aufzeichnungsbeginn. Hier mal die Höchstwerte der Messstation Hangenmeilingen im Zeitraum vom 01.08. bis 13.08.2003:

 

 01.08. 28°C
 02.08. 31°C
 03.08. 32°C
04.08. 33°C
05.08. 33°C
06.08. 34°C
07.08. 35°C
08.08. 36°C
09.08. 35°C
10.08. 32°C
11.08. 32°C
12.08. 35°C
13.08. 31°C

 

An 12 aufeinander folgenden Tagen lag die Höchsttemperatur über der 30°C Marke, ein Wert der bis jetzt nicht mehr auch nur im Ansatz erreicht wurde. Die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur lag während der ersten 15 Tage in Hangenmeilingen bei schier unglaublichen 32°C, dass sind 9°C über dem langjährigen Mittelwert! Aber nicht nur die Tage waren unglaublich heiss, auch die Nächte waren für unsere Region ungewöhnlich warm und rundeten damit das afrikanische Klima vollends ab. Hier noch ein Auszug der Tiefstwerte, ebenfalls im Zeitraum vom 01.08. bis 13.08.:

 

 

 

 01.08. 18°C
 02.08. 18°C
 03.08. 20°C
04.08. 21°C
05.08. 20°C
06.08. 20°C
07.08. 21°C
08.08. 21°C
09.08. 22°C
10.08. 19°C
11.08. 19°C
12.08. 20°C
13.08. 21°C

 

 

Es konnten also in besagter Zeitspanne 9 "Tropennächte", so bezeichnet man Nächte, in denen der Tiefstwert nicht unter 20°C sinkt, registriert werden.Die folgenden Links zeigen nun nochmals den täglich von mir festgehaltenen Wetterablauf während des Zeitraums 01.08. bis 12.08.2003.

01.08. bis 06.08.2003

07.08. bis 12.08.2003

Nach dieser Hitzeschlacht kühlte es sich dann in der 2. Monatshälfte auf mitteleuropäische, normaltemperierte Sommerwerte ab, was aber immer noch Höchstwerte von 24 bis 28°C bedeutete. Erst zum Monatsende wurde dann der Hitzesommer mit einem Temperaturabfall auf teils unter 20°C für beendet erklärt. Die Temperaturbilanz des Monats August sieht dann wie folgt aus:

Es gab 12 Tage an denen die Höchsttemperatur über der 30°C Marke lag, an weiteren 9 Tagen wurden mindestens 25°C gemessen, so dass am Ende eine durchschnittliche Tageshöchsttemperatur von 27,6°C zu Buche steht, was eine positive Temperaturabweichung von 4,7°C bedeutet.

Das die Natur auch im August auf eine harte Probe gestellt wurde und es zu hohen Ernteausfällen kam, lag nicht zuletzt auch am gefallenen, bzw. nicht gefallenen Niederschlag. Lediglich 25,9lm² kamen an Regenwasser zusammen, das sind mickrige 35% vom Sollwert. Bedenkt man, dass während der ersten beiden Wochen aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung und des wolkenlosen Himmels täglich runde 4-5lm² verdunsteten, wird deutlich wie prekär die Lage zu dieser Zeit war. Das es in unserer Region nicht zu Waldbränden kam ist schier Glück, denn die Waldbrandgefahr lag nahezu in ganz Deutschland auf der höchsten Stufe.

 

Zusammenfassung des Hitzesommers 2003 für Hangenmeilingen

An 44 Tagen lag die Höchsttemperatur zwischen 25,0°C und 29,9°C. Der Mittelwert liegt hier bei rund 25 Tagen.

An 22 Tagen lag die Höchsttemperatur bei 30,0°C oder darüber. Der Mittelwert liegt hier bei 11 Tagen.

Die durchschnittliche Tageshöchsttemperatur lag, gemittelt auf die 3 Monate bei 26,6°C, dass sind 4,1°C mehr als im langjährigen Durchschnitt.

Zwei der drei Sommermonate fielen zudem deutlich zu trocken aus und selbst im Juli, der ja wie oben geschildert deutlich zu nass ausfiel, kamen die Wassermassen nicht, wie für die Natur bestmöglich, gleichmäßig vom Himmel, sondern teils in wahren Sturzbächen, so dass hier teils sogar Schäden mit verbunden waren. Ob der Sommer 2003 in Verbindung mit dem Klimawandel steht, lässt sich kaum mit ja oder nein beantworten. Diese Diskussion sollte man Klimawissenschaftlern überlassen, die Meteorologen kümmern sich hingegen um das „Tagesgeschäft“ in der Wetterküche, denn die hat wahrlich genug an Abwechslung und Arbeit zu bieten.Die Zutaten für einen heissen Sommer 2003 waren also nicht nur durch ein trockenmildes Frühjahr gegeben, sie wurden auch in eindrucksvoller Art und Weise in die Praxis umgesetzt. Nur soviel sei gesagt: Der Sommer 2003 war bis jetzt ein einzelnes Rekordereignis, sollten die Modellberechnungen der Klimaforscher jedoch recht behalten, so könnte sich dies schneller als wir erwarten und häufiger als uns lieb ist wiederholen.